1991 spielte man im Vinzenzhaus der Caritas zum ersten Mal Theater (siehe „Entstehung“), 1992 fuhren wir mit einer Gruppe nach Zwettl und Frauenberg, um dort das Theaterspielen für die Menschen aus dem Vinzenzhaus zu entdecken. Es war eine inspirierende Zeit, und aus irgendeinem Grund konnte uns nichts  den Mut nehmen. Wir veranstalteten in Folge monatliche Impro-Workshops und fuhren weiterhin einmal im Jahr mit allen Interessierten fort (Schottwien, Oberleis). Alles in allem lehrreiche Experimente und wichtige Vorbereitungen. Mit der Zeit entstand der massive Wunsch, einmal „was Richtiges“ zu machen, ein „ganzes Theaterstück“ – und nicht nur auswärts und für uns, sondern für ein richtiges Publikum in Wien. Im Bildungshaus Zwettl hatte alles begonnen, also schauten wir uns um, ob wir dort für längere Zeit unterkämen. Und so brachen wir im Juli 1995 mit über 20 Neugierigen nach Zwettl auf. Der Projekttitel lautete „PRO 95“. 

Neun Tage! Alle hatten irgendwie mit dem Vinzenzhaus der Caritas zu tun. Also sehr spezielle Menschen, Menschen mit extremen Lebenserfahrungen.  Und alle wollten was erleben. Alle waren bereit, aber wozu? 

In unserer Unerfahrenheit hatten wir uns eine naive Regel gegeben: alles müsse in Zwettl geschehen: Themenfindung, Text, Proben, Bühnenbild, Ton, Kostüme… Und wirklich, wir verwandelten das ehrwürdige Stift in eine Theater-Baustelle. Auf den ehrwürdigen Parkettböden wurden mit Plakafarben Bühnenteile gemalt. Im Geraser Saal wurde ein akustischer Hexensabbat aufgenommen. Im Altenburger Saal saß Pauline mit ihrer Nähmaschine. Günter strich durch die Landschaft auf der Suche nach Holzlatten für unsere „Sänfte“… Erstaunlicherweise hielten auch unsere alkoholkranken Freude relativ gut durch. Als Ossi G. (+) dann die Hauptrolle übernahm, hatte er einen Grund mehr, nicht mehr so sehr die Stiftstaverne zu frequentieren. 

Eines der faszinierendsten Ereignisse dieses Projekts war sicherlich Ernst Asenbauer (+ 2018). Ernstl war langjähriger Bewohner des Vinzenzhauses und mit allen Wassern gewaschen. Nachdem ja auch nicht festgelegt war, wer denn die Regie des zu erfindenden Stücks übernehmen solle, war diese Funktion zu haben. Ernstl mutierte zum genialen Regisseur, der mitreißen und schockieren konnte. Einer, der alles zusammenhalte konnte. Unvergesslich.

 Über 20 Jahre nach diesem Abenteuer der Maßlosigkeit und Experimentiersucht können wir frei gestehen: wir sind fahrlässiger Weise über unsere Grenzen gegangen, unsere eigenen und auch die Grenzen unserer TeilnehmerInnen. Aber wir lernten ungemein viel für die folgenden Projekte. 

Die Aufführung des Stücks „SO EIN THEATER“ fand im August 1995 im Vinzenzhaus der Caritas statt. Einige Monate später spielten wir es auch in der Pfarre AM KORDON. So schnell geht man auf Tournee.